Es war heiß, feucht und ganz anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Vor allem waren für meinen Geschmack schon wieder viel zu viele religiös verzückte Menschen im Spiel. Unter einer schwarz vor Ruß und Feuchtigkeit glitzernd Decke schob sich im gelbgrünen Licht der Energiesparlampen eine Schlange ehrfürchtig schweigender oder flüsternder Menschen durch ein Kalksteingewölbe. Männer und Frauen unterschiedlichsten Alters, die meisten von mit bunten Blüten in der Hand.
Long Story short: In Hinduhausen gibt es Zoff unter den Göttern. Alle sind zu einer Fete eingeladen nur Shiva und Sati nicht. Sie geht trotzdem hin, wird gemobbt, setzt sich durch einen Yogatrick selbst in Brand. Er ist sauer und gibt den Partycrasher. In der Folge läuft das Ganze irgendwie aus dem Ruder und es gibt ziemliche viele Leichen. Schlussendlich zieht Shiva mit dem leblosen Körper von Sati durch die Lande. Um dem Ganzen ein Ende zu setzen, schneidet Vishnu den leblosen Körper Satis mit seinem Sudarshana Chakram in 52 Teile, die fallen zur Erde und sie alle sind heute heilige Stätten.
Ihre Yoni landet in Guwahati in Assam und zu ihr bin ich jetzt gemeinsam mit Hunderten anderen Menschen unterwegs.
Es ist eigentlich alles ziemlich gut organisiert: Dunkelrot gekleidete Männer geleiten die Gläubigen und den Nichtwissenden die Stufen in die Katakomben hinunter. Ein lauter Vorbeter macht genau das, was man von ihm erwartet und alle stimmen nun ehrfürchtig in das Gebet ein. Einer der Rotgewandeten erklärt mir, dass, wenn ich den heiligen Stein berühre und mir inbrünstig etwas wünsche, dass das auch in Erfüllung gehe. Jetzt kommt mein Atheistenherz leicht ins Trudeln – das zutiefst Wienerische “hüft’s net, schod’s nix” habe ich anscheinend schon verinnerlicht – soll ich mir eingedenk der Tatsache, dass ich mich im Zentrum des Tantrismus befinde, nicht doch klammheimlich etwas ziemlich unanständiges wünschen?
Unmittelbar daneben, die gleiche Prozedur: niederknien, ins Wasser greifen, angemalt werden, zahlen.
Dann ist es vorbei. Es geht auf bloßen Füßen die abgewetzten Kalkstufen hinauf, hinaus aus der stickigen Luft des Sanctums in die warme Abendsonne eines zu Ende gehenden Tages. Jetzt gilt es noch den Tempel im Uhrzeigersinn zu umkreisen, vorbei an den Ziegen- und Schafböcken die später noch zu Ehren Satis, oder Kalis geschlachtet werden – Weibchen werden verschont.
Und es bleibt das verstörende Faktum, dass angesichts einer göttlichen Pussy auch ein gestandener Atheist ins Zweifeln kommen kann.